Mein Aus-Flug
Schatz und ich planen, von einem unkontrollierten* Kärntner Flugplatz nach Italien zu fliegen. Da es sich dabei um einen grenzüberschreitenden Flug handelt, rückt die Polizei grundsätzlich aus und kommt zum Flugplatz, um das Ausreiseverfahren durchzuführen und zu kontrollieren.
Pflichtbewusst füllt Schatz ein paar Tage davor die Formulare aus und mailt der Kärntner Polizei unsere Reisedokumente und die notwendigen Unterlagen.
„Wir fliegen an einem Sonntag“, frage ich ungläubig, „und es wird trotzdem die Polizei kommen?“
„Tja, die Polizei hat keine Ruhetage“, zwinkert Schatz mir zu, „außerdem … wenn man deinen Namen sieht, wird man bestimmt neugierig sein und kommen wollen.“
Als wir den gemieteten Flieger vom Hanger aufs Vorfeld gezogen haben, trudeln zu meiner Überraschung tatsächlich drei Polizisten ein. Ein Herr mit graumelierten Haaren, gefolgt von zwei jüngeren Kollegen. Alle drei großgewachsen, breitschulterig, uniformiert. Sie gehen um den Flieger herum, betrachten ihn genau. Alle drei mit dem identischen unergründlichen Gesichtsausdruck.
Ich bringe gerade mal ein nervöses „Grüß Gott“ zustande und versuche dabei, mein Ich-habe-zwar-einen-unaussprechlichen-Namen-aber-ich-bin-wirklich-ganz-harmlos-Lächeln zu lächeln. Zu meinem Erstaunen sagt der dienstälteste Polizist freundlich zu mir: „Es ist bei uns in Kärnten so schön, und Sie möchten uns verlassen?!“
Damit wird das Eis gebrochen und man plaudert über Wetter und Teigwaren („Ja, ich bin ganz bei Ihnen, die italienischen Ravioli kommen absolut nicht an Kärntner Kasnudeln heran! Schade, dass man in Graz selten welche bekommt!“).
Nach der Passkontrolle frage ich die drei Polizisten: „Darf ich vielleicht ein Foto mit Ihnen machen?!“ Die Polizisten schauen mich an. Alle drei überrascht, hocherfreut, aufgeregt.
Der Dienstälteste grinst wie ein Honingkuchenpferd und fragt mich erwartungsvoll: „Zusammen mit dem Flugzeug?!“
***
*Flugwissen lernen mit der Sichtflug-Funkerin Chia-Tyan:
In Österreich gibt es sechs kontrollierte Flugplätze: Wien, Graz, Linz, Klagenfurt, Salzburg und Innsbruck. Die im Turm (auf Neudeutsch: Tower) sitzenden Lotsen lenken den an-, ab- und durchfliegenden Verkehr, es gibt außerdem Sicherheits- und Passkontrolle.
An unkontrollierten Flugplätzen ist jede(r) Pilot(in) selbst für die Einordnung in den Platzverkehr und die Einhaltung der Sicherheitsabstände zuständig. Hier erteilt je nach Tageszeit bzw. Laune eine:n Flugleiter:in dem Platzverkehr allgemeine Flugbedingungen (Wind-, Start-, Landerichtung etc.).
Aus: Unterwegs mit Chia-Tyan Yang – Geschichten mit Migrationsvordergrund, Graz 2021.
Herausgegeben vom steirischen Straßenmagazin MEGAPHON)